Die Seppenrader Ammoniten

Die Ammoniten Parapuzosia Seppenradensis

Der erste große Ammonit wurde 1887 gefunden, der Größte am 22. Februar 1895; Durchmesser: 1,74 m; Gewicht: über 3,5 Tonnen;  Alter: ca. 80 Millionen Jahre.

Im  Naturkundemuseum des Landesverbands Westfalen-Lippe (LWL) in Münster stehen zwei riesige Ammoniten, die ihre Weiterexistenz dem Einsatz Seppenrader Bürger verdanken. Heinrich Ettmann fand ihn im Steinbruch Kortmann. Es war der Kaufmann Nopto, der seinerzeit für die umgehende Verständigung des Priesters und Professors für Zoologie Hermann Landois in Münster sorgte und damit die Erhaltung der Ammoniten, oder auch Ammonshörner genannt, für die Nachwelt sicherte. Die Ammoniten zählen zur Familie der Kopffüßer mit spiralenartig eingerollten Schalen-gehäusen. Vom Mittelpunkt der Spirale her, waren im Innern durch Zwischenwände verschiedene Kammern voneinander abgetrennt.

Diese Kammern waren mit Gas gefüllt, das es den Tieren ermöglichte, im Wasser zu schweben. Die letzte nach außen gekehrte Kammer war der Wohnraum des mit vielen Fang- und Ruderarmen ausgestatteten Meeresbewohners. Abgüsse des Ammoniten sind unter anderem in der Universität Hamburg, in den Naturkundemuseen Berlin und München, in Stralsund, New York, Buenos Aires, Tokio und eben hier in Seppenrade.  Der Riesenammonit steht heute im Foyer des Naturkundemuseum des  Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL).  Das LWL-Museum für Naturkunde, Sentruper Straße 285, 48161 Münster, kann von Dienstag bis Sonntag, jeweils von 9 bis 18.00 Uhr besucht werden. (Naturkundemuseum Münster).



Ammoniten belebten unsere Meere

Ihre Lebenszeit, in der Zeit des Devon bis in die Oberkreide, liegt etwa zwischen 60 bis 300 Millionen Jahre zurück. Die in Schichten des Devon gefundenen Exemplare weisen Durchmesser von 1 bis 3 cm auf. Durch den Ausleseprozess über einen Zeitraum von rund 250 Millionen Jahren haben sich immer größere Arten herangebildet. Die heute in den Weltmeeren vorkommenden Tintenfische sind Verwandte der Ammoniten. Neben anderen, geologischen Hinweisen sind sie Nachweise für die frühere Ausdehnung der Weltmeere.  

Sie veranschaulichen uns, dass auch die heutige Landschaft des Münsterlandes in vorgeschichtlicher Zeit, über weite Zeiträume hin, Meer gewesen ist. Die zwei in Seppenrade gefundenen Versteinerungen von Ammoniten entstammen der Oberkreidezeit und sind demnach 60 bis 80 Millionen Jahre alt. Der erste Ammonit wurde 1887 in einem Seppenrader Steinbruch ausgegraben und hat einen Durchmesser von 1,36 m. Er ist mit diesem Maß im Vergleich zu anderen Funden sicher als riesenhaft zu bezeichnen. Am 22. Februar 1895 wurde in dem gleichen Steinbruch ein weiterer Riesenammonit entdeckt. Mit einem Durchmesser von 1,74 m ist er der größte der in annähernd gleicher Vollständigkeit bisher bekannt gewordenen Funde von Ammonshörnern.

Der Fund wurde noch im Jahr seiner Entdeckung vom Münsteraner Zoologieprofessor Hermann Landois als „Pachydiscus seppenradensis“ wissenschaftlich beschrieben. Nowak stellte die Art 1913, bei einer späteren Bearbeitung, in die Gattung Parapuzosia. Landois hatte den Fund für 125 Goldmark erworben. Das Gewicht dieses gewaltigen Zeugen von dem Leben in prähistorischer Zeit unserer Heimat beträgt 3.500 kg. Beim Bergen des Ammoniten war dieser in sechs Stücke zerbrochen. Er musste in Münster vor seiner Aufstellung im Naturkundemuseum wieder zusammengekittet werden. Der äußerste Gehäuseteil, die Wohnkammer, war nicht mehr erhalten, so dass seine ursprüngliche Größe von 2,55 m durch Berechnungen ermittelt werden musste.


Ein dritter Ammonit.

Ein dritter Ammonit. Seit den spektakulären Funden der beiden Riesenexemplare in den Jahren 1887 und 1895 blieben im Typusgebiet von Seppenrade weitere Stücke dieser Art aus. Es brauchte mehr als 120 Jahre, bis ein drittes, kleineres Exemplar in einer Seppenrader Gastwirtschaft entdeckt werden konnte. Seit seinem Fund steht es im Schankraum des Restaurants und historischen Hotels „Mutter Siepe“ auf einem Schrank, offensichtlich immer an der gleichen Stelle.

Er wurde über all die Jahre nur als Dekorationsstück wahrgenommen. Köplitz (1920), der die Fauna der Dülmen-Formation im Rahmen einer Dissertation bearbeitete, wurde, ebenso wie Kennedy & Kaplan (1995), bei der Bearbeitung der Ammonitenfauna der Dülmen-Formation, nicht auf dieses Stück aufmerksam, wohl weil sie sich in Sammlungen und im Gelände umtaten und nicht in Gaststätten.

Es ist ein Glücksfall, dass das Traditionshaus „Mutter Siepe“ in der vierten und fünften Generation familiär geführt wird. Nur so konnte es gelingen, dass zusammen mit der althergebrachten Einrichtung auch dieses Ammoniten-Exemplar erhalten blieb. Durch den Hinweis von Dieter Böhle, Mitglied des Seppenrader Heimatvereins, bei einem gemeinsamen Kaffeetrinken mit dem Geologen Ulrich Kaplan, geriet dann das Stück mehr als ein Jahrhundert nach seinem Fund endlich in den Fokus der Wissenschaft.

Geologie und Paläontologie in Westfalen, Heft 88, 2016; Ulrich Kaplan: Ein neues Exemplar von Parapuzosia (Parapuzosia) seppenradensis (Landois 1895) aus dem Typusgebiet von Seppenrade, Münsterland.


Abgüsse am Rosengarten

Der Ammonit wurde am 31. März 1969 Seppenrader Wappenbild und 1982 in das Lüdinghauser Stadtwappen übernommen.

©2024 Josef Brathe